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Vor 100 Jahren, am 31. Januar 1911, starb Paul Singer im Alter von 67 Jahren. Von 1890 bis 1911 war er zunächst gemeinsam mit Alwin Gerisch, von 1892 an zusammen mit August Bebel Vorsitzender der SPD. Auch der Fraktion der SPD im Reichstag stand er seit 1890 bis zu seinem Tod vor.

Paul Singer ist eine der großen historischen Figuren der deutschen Sozialdemokratie. Seine Beisetzung auf dem Zentralfriedhof Lichtenberg in Berlin-Friedrichsfelde wurde zu einer der größten Kundgebungen der deutschen Arbeiterbewegung. Fast eine Million Teilnehmer verwandelten das Ereignis in ein Staatsbegräbnis für einen ausgegrenzten Sozialdemokraten, dem im Kaiserreich Staatsämter verwehrt wurden.
                                                             (SPD-Parteivorstand 31.1.2011)




In der Stadtratssitzung am Mittwoch (Klingenthal, 26. 01.2011) wurde der Bürgerpreis 2010 verliehen. Aus Anlass des 20-jährigen Jubiläums der Deutschen Einheit wurden Frau Dr. Gudrun Stephan und Herr Dr. Günter Kunzmann für ihr großes Engagement in der Wendezeit geehrt. Die Auszeichnung nahmen Bürgermeister Enrico Bräunig (rechts) und Marktbereichsleiter Marco Mehler (links) von der Sparkasse Vogtland, die den Preis zur Verfügung stellte, vor. Das Stadtoberhaupt würdigte den hohen persönlichen und nicht ungefährlichen Einsatz der beiden Geehrten während der friedlichen Revolution und ihre anschließende kommunalpolitische Arbeit. Dr. Gudrun Stephan und Dr. Günter Kunzmann dankten mit herzlichen Worten für die Preisverleihung. Frau Dr. Stephan übergibt ihr Preisgeld dem Fonds für das Begrüßungsgeld.

(Mitteilung in der Klingenthaler Zeitung vom 28.01.2011, leicht gekürzt, Verfasser Dieter Meinel)


1918 veröffentlichte er das Buch „Erzgebirgisches Volk“ voller Erinnerungen an seine Kindheit und Jugendzeit. Es ist ein Sittenbild jener Zeit vor mehr als 130 Jahren.

90 Jahre nach der Erstauflage seines Buches (Berlin 1918) liegt nun die ergänzte Neuauflage „Erzgebirgisches Volk“ vor. Dieses interessante Geschichtsbuch ist ab Mai 2008 für 10 € zu erhalten beim Herausgeber SPD-Ortsverein Waldgebiet-Vogtland (Tel. 037465/6244), im SPD-Unterbezirk Vogtland (Plauen, Freiheitsstr. 13) und im vogtländischen Buchhandel (ISBN 978-3-00-024279-3).


Kein „Blatt vor dem Mund“ nahm Alwin Gerisch, als er 1918 als Wahlberliner in seinem Buch „Erzgebirgisches Volk“ seine Kinder- und Jugendzeit im Vogtland aufschrieb. Es entstanden drastische Bilder. Manche Persönlichkeit von damals kam dabei schlecht weg. Das gilt auch für einige einfache Leute seiner Umgebung, die er als junger Mensch kannte. Gerisch’s Erinnerungen sind trotz derber Worte ehrlich. Alleine die Tatsache, dass er im Trubel  einer führenden Weltstadt – zu Beginn des 20. Jahrhunderts zählte Berlin dazu – über seine Heimat so ausführlich schrieb, zeigt seine hohe Wertschätzung  für jene armen Leute im Wald. 

Durch seine Erinnerungen ist es nun möglich, dass wir Waldgebietler und andere des 21. Jahrhunderts, erfahren können, wie unsere Vorderen damals im 19. Jahrhundert arbeiteten, dachten, sprachen und miteinander umgingen. Alwin Gerisch hat dieses alltägliche  Kleinleben aufgeschrieben – letztendlich auch zur Kenntnisnahme für uns. Alleine schon dafür gebührt ihm unsere Achtung! In der ergänzten Neuauflage 2008 von „Erzgebirgisches Volk“ ist sein „Urtext“ von 1918 vollständig abgedruckt.

Seine politische Arbeit als führender Sozialdemokrat war ein wesentlicher Beitrag, in Deutschland demokratische Verhältnisse zu entwickeln – im Sinne von sozialer Demokratie. Es waren alte Sozialdemokraten wie Gerisch, die dem gemeinen Volk zur Teilhabe am wirtschaftlichen/kulturellen Aufschwung verhalfen. Die Geschichte jener Jahrzehnte zeigt: Geschenkt wurde den einfachen Leuten von den damals Mächtigen in der Regel nichts. Zur Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen von  der Arbeitswelt bis hin zu den sozialen Sicherungssystemen, bedurfte es großer Anstrengungen. Frauen und Männer wie Alwin Gerisch haben dies letztendlich erfolgreich getan. Und das darf nicht vergessen werden!



Die Neuvogtländerin Uta Böddiker aus Kürbitz kam am 15.  November nach Rautenkranz, um Erinnerungen des Buchautoren und ehemaligen SPD-Vorsitzenden zu lesen. Sie hat es gut gemacht – gemeinsam mit dem Akkordeon-Musikanten Karl Lipsius aus Zwota. Herzlichen Dank für die gelungenen Vorträge bei der 1. Buchlesung im Hörsaal der Raumfahrtausstellung Morgenröthe-Rautenkranz, wo man sich auch weitere kulturelle Leckerbissen vorstellen kann. Wir – die Sozialdemokraten aus dem Waldgebiet – danken  außerdem ausdrücklich Bürgermeister Konrad Stahl und Ausstellungschefin Romy Mothes für die verständnisvolle Unterstützung.

 Der Zwotaer Zeitungsmensch und Regional-Historiker Thorald Meisel schrieb in der „Freien Presse“ am 17. November: „Mit einer Lesung aus dem Buch "Erzgebirgisches Volk" von Alwin Gerisch entführte Uta Böddiker am Donnerstag gut zwei Dutzend Zuhörer in das Morgenröthe-Rautenkranz und Auerbach in der Zeit nach 1871. Der aus Rautenkranz stammende Alwin Gerisch (1857 bis 1922) zeichnete seinen 1918 in Berlin veröffentlichten Lebenserinnerungen ein dörfliches Sittenbild aus der Zeit des Kaiserreiches. Allein der Titel der Erzählung "Lehrer Griesgram" lässt erahnen, wie es zu jener Zeit in den Dörfern des Waldgebietes zugegangen sein muss, und warum einer wie der junge Gerisch dagegen rebellierte. Aus dessen Zeit als Maschinenbaulehrling 1871 bis 1874 in Auerbach stammten die Texte, die Uta Böddiker vortrug.“ (Auszug)


Die Sauerländerin Uta Bödikker aus Kürbitz liest im Rahmen der "Alwin-Gerisch-Ehrung 2007"  am 15. November 2007um 18.30 Uhr im kleinen Saal der Raumfahrtausstellung Morgenröthe-Rautenkranz  aus dem Buch "Erzgebirgisches Volk" von Alwin Gerisch (1857-1922). Der ehemalige SPD-Vorsitzende schrieb dieses Erinnerungsbuch 1918 in Berlin. Er erzählt von lustigen und ernsten Begebenheiten aus dem dörflichen Leben in Rautenkranz vor rund 130 Jahren.  

In der Regel erfahren wir vom Leben in früherer Zeit aus den Erinnerungen bedeutender Dichter, die diese in Büchern aufgeschrieben haben. Im Mittelpunkt jener Rückblicke stehen meist "große" Leute der Geschichte, die bahnbrechende Entdeckungen und Erfindungen gemacht haben, als Feldherren unterwegs waren, an Fürstenhäusern lebten oder sonst wie im Mittelpunkt der damaligen Gesellschaft standen. Erinnerungsbücher von „einfachen“ Menschen, die vom Leben "kleiner" Leute erzählen, sind eher selten. Aber gerade dafür interessieren sich heutzutage im modernen 21. Jahrhundert  Jung und Alt. Sie wollen wissen, wie es damals zum Beispiel in ihrer engeren Heimat war. Alwin Gerisch schrieb im hohen Alter im fernen Berlin einen jener seltenen Erlebnis-Berichte. Er erzählt von Begebenheiten, die er als Kind und junger Bursche im kleinen Holzhaus seiner Eltern am Ende der Rautenkranzer „Ziegengasse“ erlebt hat. Im Waldarbeiterhaus, wo seine Mutter gastfreundlich den Haushalt führte und die Nachbarschaft  deshalb häufig zugange war, lauschte der kleine Alwin vermutlich aufmerksam den Gesprächen der Erwachsenen und machte sich darüber seine Gedanken. Es müssen prägende Eindrücke seiner Kinder- und Jugendzeit an seine vogtländisch-erzgebirgische Heimat gewesen sein, die er dann im hohen Alter aus seinem Gedächtnis holen konnte und sie aufschrieb. Damit wurde eine großes Stück seiner Heimatliebe sichtbar!

Hören Sie Frau Bödikker zu, was Alwin Gerisch damals bewegt hat! Sie sind dazu herzlich eingeladen! Musikalisch begleitet wird sie von Karl Lipsius, dem Chef des Klingenthaler Akkordeonorchesters. Der Eintritt ist frei. 

Hier ein Ausschnitt aus dem Gerisch-Buch:

Der Grenzwacht-Skatklub                                                                Neben dem großen Haufen, der das ganze Jahr freudlos in der Tretmühle der Arbeit schuftet und nebenher darben muß, gab es auch einige gesicherte Existenzen, die ein beschaulich-behäbiges Leben führten. ... So konnten die Grenzwächter bei größtem Diensteifer keinen Schmuggel bekämpfen, weil solchen niemand betrieb. Und der einzige, der verübt wurde, war geheiligt und unverletzlich, denn dahinter stand in geschlossener Front das weiblich Geschlecht, einschließlich der Ehehälften der Grenzer. ... Der Schmuggler, der dem Gesetz ein Schnippchen schlug, war eine Schmugglerin. Diese Tatsache allein würde jedoch die Frauen nicht bestimmt haben, sich für die Geschlechtsgenossin ins Zeug zu legen. Es kamen noch andere Gründe hinzu. Die Schmugglerin, Steinmarie mit Namen, stammte aus der Gemeinde. Sie hatte sich nach einem böhmischen Grenzort verheiratet und mit ihrem Manne, dem Steinerseppl, in guter Ehe gelebt. Leider war bald schweres Unglück über sie hereingebrochen, indem ihr Seppl durch einen Unfall zum erwerbsunfähigen Krüppel wurde. Um sich, Mann und  Kinder zu ernähren, griff die Frau zum Handel mit Töpfen, die in Böhmen gut und billig zu haben und in den Waldorten auf der sächsischen Seite sehr begehrt waren. ... Blieb nur noch der verwünschte Zoll. Wenn Marie den sparen, die Töpfe also schmuggeln konnte, warf der Handel sicher soviel ab, dass sie damit sich und die ihrigen durchzubringen vermochte. In dieser Frage schwankten die Frauen nicht einen Augenblick. „Do müssen nu die Grenzer en Einseh hoben und en Aug zudrücken! Des geht net anners! Beim Staat kommts nu auf die Paar Groschen net an, der geht dorüber net zugrund, aber die Marie braucht sie zu Brot für ihre Kinder.“ Die Grenzwächter, alles alte verheiratete Männer, drückten dann auch verständlicherweise ein Auge zu. Und Marie erleichterte es ihnen. Wenn sie durch den Wald daher kam, hatte sie ihren hoch mit Töpfen bepackten Korb so hübsch mit Reisig und Zweigen bedeckt, dass sie ganz so aussah wie eine Walddörflerin, die sich etwas Brennholz heim trug.  So waren die Grenzer in ihrem Dienstbezirk die überflüssigsten Menschen der Welt.

Wohl marschierten sie nach verschiedenen Richtungen zum Dorfe hinaus, um die vorgeschriebenen Dienstgänge auszuführen, aber so wie sie in der schönen Jahreszeit den Wald erreicht hatten, schlugen sie sich seitwärts in die Büsche, und bald waren sie alle an einer wunderhübschen Stelle in einer Tannenschonung vereint und spielte vergnügt ihren Skat. Bei dem Suchen von Pilzen entdeckte ich sie eines Tages. Sie schenkten mir einen Groschen und banden mir auf die Seele, verschwiegen zu sein, was ich feierlich versprach, und bis zu dieser Stunde auch getreulich gehalten habe. In der heißen Zeit stellte sich beim Spiel auch Durst ein. Nicht weit von dem Platze rieselte zwar in einem Gräblein kristallklares Wasser, aber die alten Soldatenkehlen der Grenzer hatten einen Abscheu vor dünnem Getränk. Und da ich nun einmal in ihr Geheimnis eingeweiht war, bestellten sie mich oft nachmittags, damit ich ihnen einen Krug Bier holte. Für den Gang, und weil ich hübsch den Mund hielt und auch im Wirtshause nie verriet, für wen das Bier bestimmt war, bekam ich jedes Mal einen Fünfer. Bei dem großen Nutzen, den ich aus ihm zog, erschien mir der Grenzwachtdienst als die vortrefflichste Einrichtung des Weltalls. ...


Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) und die Gemeinde Morgenröthe-Rautenkranz  ehrten am 16. Juni 2007 Alwin Gerisch in seinem Heimatort. Anlaß dafür war der 150. Geburtstag des verdienstvollen Sozialdemokraten, der von 1890 bis 1912 zum SPD-Parteivorstand gehörte und im Jahre 1922 in Berlin starb. 

Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) schreibt auf ihrer Webseite www.fes.de:
Alwin Gerisch gehörte zu denen, die das leisteten, was er 1918 die „unermessliche Kulturarbeit“ der Sozialdemokratie nannte: „Sie hat die Arbeitermassen aufgerüttelt, ihnen den Sklavensinn ausgetrieben, und dafür Mut, Selbstvertrauen und Gefühl für Menschenwürde in die Köpfe gehämmert; (...)unermüdlich an der Schaffung einer Sozialgesetzgebung gearbeitet und in zahllosen Kämpfen das Los der Arbeiter gebessert.“ (Auszug)

Auf dem Foto sind drei Akteure der „Alwin-Gerisch-Ehrung 2007“ vom 16. Juni  am Gerisch-Geburtshaus in Morgenröthe-Rautenkranz zu sehen. Sie ehrten A. Gerisch in ihren Ansprachen für sein politisches Lebenswerk in der ältesten Partei Deutschlands und als Schriftsteller, der Zeitgeschichte seiner Heimat aufschrieb. 

Der alte vollbärtige Sozialdemokrat, dessen Bild an diesem Vormittag an der Hauswand seines Geburtshauses hing, hätte seine Freude an den drei Männern gehabt: Zuerst an den ebenfalls bärtigen Bürgermeister Konrad Stahl, der seit dem politischen Umbruch in der DDR von 1989/90 als 1. Kommunalpolitiker in seiner Heimatgemeinde der Demokratie die Stange hält. Das Leben in einer Demokratie für alle zu organisieren, war für Gerisch ein sehr wichtiges Ziel, das er nie aus den Augen verlor. Bürgermeister Stahl betonte in seiner Rede, dass mit Alwin Gerisch eine weitere historische Persönlichkeit von Rang von hier kommt. Er verwies auch auf den Schriftsteller Gerisch, der als Zeitzeuge jener Jahre das entbehrungsreiche Leben  der Dörfler seiner vogtländischen Heimat fassettenreich erzählte.

Erfreut hätte Alwin Gerisch auch Rolf Schwanitz, der Stellv. Landesvorsitzenden der Sächsischen SPD und Bundestagsabgeordnete. Dieser übernahm - wie Stahl - politische Verantwortung unmittelbar nach dem Umbruch. Als Volkskammerabgeordneter der SPD nach der 1. freien und geheimen Wahl in der DDR am 17. März 1990 zog er nach der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 als ostdeutscher Abgeordneter in den Bundestag ein. Seither arbeitet er als Abgesandter des Vogtlandes erst in Bonn später in Berlin. Gerisch war Kollege von Schwanitz in der SPD-Fraktion, damals im alten Berliner Reichstag. Der Rautenkranzer Gerisch stieg über die selben Stufen in das Plenum des Parlamentes, wie heute der Plauener Schwanitz: Der Alte am Ende der kriegerischen deutschen Kaiserzeit unter Wilhelm II nach 1900 -  und der Jüngere in einem friedlichen Europa nach der Wiedervereinigung Deutschlands von 1990. 

Auch für Steffen Rauchfuß, den dritten  im Bunde, hätte Alwin Gerisch viel Sympathie gehabt und vermutlich gelacht, als Steffen in seiner Rede gestand, bis vor kurzen von Alwin Gerisch aus Rautenkranz nichts gewusst zu haben. Der junge SPD-Ortsvereinsvorsitzende aus Pausa hätte ihn gleichzeitig an seine Schlosserlehrjahre in Auerbach erinnert. Dort gaben ihm zwei alte Gesellen die sozialdemokratische Richtschnur: „Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität“ in die Hand. In diesem Sinne arbeitete Alwin  Gerisch sein Leben lang. Nun stehen seit dem 16. Juni 2007 diese drei bedeutsamen Wörter an seinem Geburtshaus. Mögen sich zukünftig viele Menschen finden, die ebenfalls nach diesen Grundsätzen handeln !

Der SPD-Ortsverein Waldgebiet-Vogtland dankt allen Teilnehmern der „Alwin-Gerisch-Ehrung 2007“ und  ausdrücklich Jörg Frister, der an die Stirnwand seines Hauses die neue Plakette anbrachte. Dank gilt auch dem Zwotaer Musiklehrer Karl Lipsius: Der Leiter des „Klingenthaler Akkordeonorchesters“ spielte auf seinem „Weltmeister“ Akkordeon während der Feierstunde Hugo Herrmanns „Hymne“, den russischen Volkstanz „Im Garten“ und Ernst Uebels „Jubelklänge“ und „Gruß aus Klingenthal“. Herzlichen Dank! 


In seinem Geburtsort Morgenröthe/Rautenkranz wird es am 16. Juni 2007 für den ehemaligen SPD-Vorsitzenden Alwin Gerisch eine kleine öffentliche Gedenkfeier am Geburtshaus geben. Der verdienstvolle Sozialdemokrat wurde vor 150 Jahren, am 14. März 1857, dort geboren. Eingeladen werden neben Vertretern der SPD zahlreiche Persönlichkeiten der Region. 


Am 1. Mai 1894 fand im „Deutschen Haus“ (Wirtshaus mit Saal in der Unterstadt) die 1. Maifeier in Schöneck statt. Redner war der vogtländische Reichstagsabgeordnete der SPD, Alwin Gerisch. Er kam aus Berlin in seine vogtländische Heimat, wo er bekanntlich als Waldarbeiterkind 1857 in Rautenkranz  zur Welt kam. Im Saal drängten sich an diesem 1. Mai ca. 550 Personen, wie der Chronist aus alten Schönecker Polizeiakten vermerkt.

Veranstaltungen der Sozis wurden in der damaligen deutschen Kaiserzeit unter Wilhelm Zwo von der Obrigkeit polizeilich streng beobachtet. Damals ging es noch um den 8-Stunden-Arbeitstag, der auch im Vogtland den Unternehmern abgerungen werden musste. Das Foto zeigt ein 1. Mai-Abzeichen von 1898 mit dem Schriftzug „8 STUNDENTAG“ und dem Bild des Sozialdemokraten Gerisch. Er war damals schon seit Jahren der „Finanzminister“ der SPD im Berliner Parteivorstand.


Vor 150 Jahren wurde der ehemalige SPD-Vorsitzende in Rautenkranz geboren

Im vogtländischen Morgenröthe-Rautenkranz steht am Waldrand das Geburtshaus von Karl Alwin Gerisch, der am 14. März 1857 als Waldarbeitersohn auf die Welt kam. Er wurde ein Großer der deutschen Sozialdemokratie! Nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes (1878-1890, Verbot der SPD auf Betreiben von Reichskanzler Bismarck) wählten ihn auf dem Parteitag in Halle/Saale (10.-12- Oktober 1890) die Delegierte neben Paul Singer mit 368 von 375 Stimmen zum Vorsitzenden der SPD. Zum Parteivorstand gehörte damals auch August Bebel, dem man die Finanzen der Partei als Hauptkassierer anvertraut hatte. Im Dezember 1892 tauschten Bebel und Gerisch die Ämter. Bis September 1912 verwaltete er knapp 20 Jahre lang die Finanzen der mitgliederstärksten Partei Deutschlands. Bis Oktober 1917 gehörte er dem Parteivorstand an, ehe er wegen schwerer Erkrankung in den Ruhestand ging. Er erlebt das unrühmliche Ende des deutschen Kaiserreiches nach dem 1. Weltkrieg und mit großer Freude im Jahre 1918 die „Weimarer Republik“, den demokratischen Neubeginn Deutschlands. Am 8. August 1922 verstarb Alwin Gerisch in Berlin hochgeachtet.

Neben seiner politischen Arbeit schrieb Gerisch von 1899 an Erzählungen und Romane. Dabei schöpfte er aus dem eigenen Erleben. Seinen wohl ersten Versuch veröffentlichte er als 16jähriger Schlosserlehrling im 2. Lehrjahr im Crimmitschauer Blatt „Bürger- und Bauernfreund“. Er berichtet dort von  einer antisozialdemokratische Predigt des Pfarrers seines Heimatortes zu Zeiten des Sozialistengesetzes. Sozialdemokraten galten damals in besseren Kreisen als „vaterlandslose Gesellen“. 1918 veröffentlicht er sein letztes Buch im Verlag der Buchhandlung „Vorwärts“ in Berlin unter dem Titel „Erzgebirgisches Volk. Erinnerungen von A.Ger.“ Dort beschreibt er unter dem Pseudonym „A.Ger.“, das er als Autor immer benutzte, das harte Leben der Wald- und Industriearbeiterschaft jener Zeit  und seinen Vater als strengen und frommen Mann mit der Dorfbevölkerung typischen konservativen Einstellung. Seine Mutter hingegen rühmte er wegen ihrer Intelligenz. Sie brachte ihn schon vor dem 1. Schuljahr das Lesen und Schreiben bei. Wichtig für den Jungen war auch das Vorbild seines Großvaters, der als wandernder Schneidergeselle revolutionäres Gedankengut von den Handwerkerbünden der Schweiz ins Vogtland brachte und seit den Kämpfen von 1848 in Dresden verschollen war.

Morgenröthe-Rautenkranz ehrte den Sozialdemokraten Gerisch vor Zeiten mit der Alwin-Gerisch-Straße und einer Gedenktafel am Geburtshaus, die dem aufmerksamen Leser aber rätselhaft ist: dort steht als Vorname nicht Alwin, sondern „Albin“. Die Hiesigen werden sicher wissen, wie das zustande kam! Vermutlich gibt es eine Geschichte dazu.

Im Jahre 1982 erschien im Kölner Pahl-Rugenstein Verlag (Verlag für Hochschulschriften der Gesellschafts- und Naturwissenschaften) eine Untersuchung von Manuel Köppen über den Politiker und Autor Alwin Gerisch. Köppen stellt fest: “Die Lebensgeschichte Gerischs ist die Geschichte eines außergewöhnlichen Aufstiegs: aus den elenden Lebensbedingungen im ärmsten Teil Deutschlands zur hochbezahlten Stellung eines einflussreichen Führers der deutschen Arbeiterbewegung.“

Der Parteivorstand der SPD 1909 in Leipzig

oben (v.l.n.r.) Luise Zietz, Friedrich Ebert, Hermann Müller, Robert Wengels,

unten (v.l.n.r.) Alwin Gerisch, Paul Singer, August Bebel, Wilhelm Pfannkuchen, Hermann Molkenbuhr

Belegt ist auch, dass sich Alwin Gerisch nicht zu schade war, mit Rat und Tat seine Lebenserfahrung als Sozialdemokrat in eine kleine Dorfgemeinschaft einzubringen. Im Ruhestand, nach seinem krankheitsbedingten Ausscheiden aus dem Parteivorstand, stand er der Gemeindevertretung von Treptow, dem damals kleinen Nest am Rande von Berlin, beratend zur Seite. Auch dafür Hochachtung – und das nicht zuletzt!


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